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Ausländische Pflegekräfte in Deutschland: Ausbeutung, Betrug, Menschenhandel?

Trotz des neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes sind Fachkräfte in Deutschland immer noch ‚heiße Ware‘. Der Terminus scheint nicht ganz passend, doch Fakt ist: Es wird mit dem dringend benötigten Personal gehandelt. Und das nicht nur zum Leidwesen der Kliniken, Pflege- und Altenheime, die auf die geschulten Fachkräfte angewiesen sind. Auch die ausländischen Fachkräfte leiden unter den dubiosen Machenschaften, die von unseriösen Vermittlungsagenturen ausgehen.

15.000 Euro für die Vermittlung einer dringend benötigten Pflegekraft? Was nach einem sehr sehr guten Deal für einen Headhunter klingt, der eine Fachkraft für eine gehobene Führungsposition anwerben konnte, bezieht sich hier auf Personal, das lange nicht so viel wie ein Head of- verdient. 15.000 Euro - das ist die Summe, die Deutsche Kliniken 2020 für die Vermittlung einer Pflegekraft aus dem Westbalkan bereit waren zu zahlen. Auch heute noch. Denn: Die Personalnot in der Pflege ist weiterhin groß.  

Die Vermittler machen ein gutes Geschäft. Die Kliniken und das vermittelte Personal eher weniger.

Unseriöse Vermittlungsagenturen sind das Problem

Die Länder des westlichen Balkans verfügen über das, was Deutschland so dringend benötigt: Fachkräfte in der Pflege. Im Balkan ist solches Personal nicht selten arbeitslos. Hier sind die Pflegerinnen und Pfleger gefragt.

 Wie gut also, wenn es Vermittlungsagenturen gibt, die die Fachkräfte aus dem Balkan holen und an deutsche Kliniken vermitteln. Könnte man meinen. Doch das, was so schön klingt, ist es nicht immer. Sicherlich gibt es einige seriöse Vermittler. Aber das schnelle Geld lockt auch unseriöse Anbieter.

Die Machenschaften unseriöser Vermittlungsagenturen in der Pflege

Wer in Deutschland arbeiten möchte, braucht entsprechende Sprachkenntnisse. Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz ist der Weg frei für ausgebildete Fachkräfte mit entsprechender Berufserfahrung. Doch Deutschkenntnisse müssen vorhanden sein. Alleine, damit der Kontakt zu den Patienten hergestellt werden kann.

Unseriöse Agenturen versuchen mit unrealistischen Versprechen, das Personal für die Rekrutierung nach Deutschland zu gewinnen. Von keinen deutschen Sprachkenntnissen auf B2 Niveau in nur vier Monaten - solche Dinge werden von den Vermittlern verlangt. Hoffnungsvolle Pflegefachkräfte werfen da schnell das Handtuch. Oder besser: würden es gerne werfen. Doch das ist nicht so einfach möglich. Die Vermittler sichern sich über Verträge ab. Wenn sie der Fachkraft die Sprachschule gezahlt haben und sie schließlich doch nicht nach Deutschland vermittelt werden wollen, sind 3000 Euro fällig. In Serbien ist das der Durchschnittsverdienst in sechs Monaten.

Die, die es schaffen, sich binnen weniger Wochen ein Sprachniveau zur spontanen und fließenden Verständigung anzueignen, haben leider auch nicht das goldene Ticket gezogen. Nicht nur, dass die Pflegekräfte wie Ware in ein anderes Land geschippert werden, um dort zu funktionieren. Es wird auch mit Versprechungen wie richtig großzügigen Gehältern gelockt - die selbst in Deutschland in der Pflege nicht gezahlt werden. Oder es wird versprochen, dass direkt die gesamte Familie der Pflegekraft mit nach Deutschland kommen darf. Alles leere Versprechungen, was die betroffenen Fachkräfte meist erst in Deutschland bemerken. Dann, wenn es zu spät ist.

Auch Pflegekräfte aus Albanien werden ausgebeutet

Mittlerweile ist der Pflegenotstand in Deutschland so groß, dass die Bundesrepublik weltweit Fachkräfte aus der Pflege abschöpft. Das Problem: Zum Teil fehlt das Personal dann im Heimatland.

Albanien ist in diesem Zusammenhang ein gutes Beispiel. In dem Land herrscht nicht nur Ärztemangel. Auch medizinisches Fachpersonal ist Mangelware. Daher laufen in dem Land Initiativen, die die Fachkräfte in Albanien halten sollen. Etwa durch die Gewährung günstiger Wohnungsbaudarlehen und höherer Gehälter.

Hinzu kommen harte Gesetze. Wer sein Medizinstudium in Albanien absolviert und im Anschluss nicht fünf Jahre in dem Land seinem erlernten Beruf nachgeht, soll 40.000 Euro Strafe an den Staat zahlen. Für einen Durchschnittsstudenten in Albanien nicht bezahlbar. Jedoch haben Medizinstudierende monatelang gegen das Gesetz protestiert. Es ist vorerst ausgesetzt.

Spezialisierte Fachkräfte wandern also weiterhin ab. In Albanien verdienen sie meist weniger als 1.000 Euro im Monat. Die Folge: Das Land blutet aus. Es gibt kaum medizinisches Fachpersonal. Wenn es da ist, zieht es nach Deutschland oder in die Schweiz. Einige Kliniken in Deutschland übernehmen sogar die Ausbildungskosten.

Im Kosovo arbeitslos - hier dringend benötigt

Auf der anderen Seite ist die Abwanderung der Fachkräfte eine Chance für alle. Im Kosovo etwa finden viele Pflegekräfte keinen Job.

In dem Land gibt es zehn Hochschulen, die Pflegekräfte ausbilden. Es gibt mehr als 3.000 Absolventen pro Jahr. Nur 150 von ihnen finden in ihrem Heimatland eine Anstellung. In Deutschland müssen Pflegestellen dringend besetzt werden. Da ist die Vermittlung der Fachkräfte doch sinnvoll, oder? Allerdings nur, wenn die Vermittlungsagenturen seriös sind. Und niemand ausgebeutet wird.

Doch wie findet man eine seriöseVermittlungsagentur? Das ist gar nicht so einfach. Selbst bei den seriöseren Anbietern sind die Verträge oft schwammig formuliert – besonders hinsichtlich der Entlohnung und der Arbeitszeiten.

Besondere Vorsicht ist geboten, wenn die Vermittlungsagentur mit einer 24-Stunden-Betreuung durch eine einzige Pflegekraft wirbt. Das ist nach deutschem Arbeitszeitgesetz nichtzulässig. Was hingegen für eine seriöse Vermittlungsagentur spricht: Leistungsumfang und Kosten sind klar definiert und leicht verständlich. Außerdem sollte die Vermittlungsagentur auch nach Vertragsabschluss der erste Ansprechpartner bleiben.